Räume des Religiösen: Zwischenraum, third space oder Heterotopie?

Räume des Religiösen: Zwischenraum, third space oder Heterotopie?

Veranstalter
Muriel González Athenas (Bochum) und Monika Frohnapfel-Leis (Erfurt/Mainz) in Kooperation mit der Erfurter RaumZeit-Gruppe
Veranstaltungsort
Domstraße 10, 99084 Erfurt, Seminarraum 1
Ort
Erfurt
Land
Deutschland
Vom - Bis
07.10.2016 - 08.10.2016
Website
Von
Monika Frohnapfel-Leis

Die Ausübung religiöser Praktiken ist durch ihre Vielfältigkeit auch bei postulierter (konfessioneller) Homogenität geprägt. In ihrer Glaubensausübung sind die Menschen mit Umständen konfrontiert, die ihre Handlungsräume festlegen oder aber bestimmte Handlungsräume erst denkbar machen und als solche gewissermaßen Utopien und Heterotopien hervorbringen. Heterotope Räume des Religiösen gehen über das Konzept des „Wissensraums des Religiösen“ hinaus, weil sie auf diesen aufbauen. Der heterotope oder auch „dritte“ Raum bedeutet einen erweiterten Handlungsspielraum.
Da dieser Raum ähnlich divers vorstellbar ist, wie die Praktiken, die ihn ausmachen, hat sich der Workshop die Aufgabe gestellt, einige der sich durch diese Handlungsmöglichkeiten ergebenden Räume auf die Frage nach der Materialität, die für die Sichtbarkeit der jeweiligen Praxis eine Rolle spielen und einen „Zwischenraum“ herstellen kann, zu prüfen. Um diese den „dritten“ Raum konstituierenden Prozesse zu historisieren, beleuchten die Beiträge auch die Bedeutung der Kategorie Geschlecht in Bezug auf die Konstruktionsprozesse, was zusätzliche In- und Exklusionsmechanismen ins Spiel bringt. Dabei wird von einer Subjektposition ausgegangen, die an neuere kulturwissenschaftliche Überlegungen anknüpft, die nicht von einem autonomen, rational handelnden Subjekt ausgeht, sondern „Unerklärbares“ in den Denk- und Handlungsschemata, Zufälle, Körperlichkeiten, Affekte und Materialiät einbezieht. So können historische Subjekte sich Handlungsspielräume über religiöse Praktiken eröffnen, ob nun bewusst oder nicht.
Die Beiträge untersuchen, inwiefern die Räume in ihren Bedeutungen durchaus unterschiedlich charakterisiert sind und wirken: Sind sie ein Mal third space im Sinne Bhabhas, bilden Netzwerke und eröffnen (nicht nur) religiöse Handlungsspielräume, stellen sie ein anderes Mal tatsächliche Manifestationen von „Glaubensfragen“ dar. Ihnen gemein sind die utopischen Vorstellungen, in Angrenzung oder in Weiterentwicklung zur gesetzten Ordnung, die ein Gegenbild, einen anderen Raum entwerfen und damit Handlungsspielräume eröffnen.

Der bewusst epochenübergreifende Blickwinkel des Workshops ermöglicht zum einen die Überwindung von einschränkenden Logiken, die eine solche Grenze konstruieren und zum anderen die Beantwortung der Frage nach Periodisierungsgrenzen übergreifenden Kontinuitäten, da davon ausgegangen wird, dass es sich bei Räumen des Religiösen nicht um ein Spezifikum einer bestimmten Zeit handelt.

Als Grundlagentext für eine gemeinsame Diskussion wird der Text „Von anderen Räumen“ von Michel Foucault vorgeschlagen. In diesem setzt er sich mit der Konstruktion und Konstitution „anderer Räume“ auseinander.
Um eine fruchtbare Diskussion zu gewährleisten, orientieren sich die Beiträge an folgenden Leitfragen:

- Was sind die Zwischenräume, wo findet man Hinweise auf einen „dritten Raum“ und wo auf eine Utopie oder Heterotopie?
- Welche Handlungsspielräume ergeben sich durch Zwischenräume, durch dritte bzw. heterotope Räume? Wie werden diese konstruiert (und dekonstruiert)?
- Inwiefern manifestieren sich in ihnen Glaubensfragen?
- Wie ist deren Sichtbarkeit?
- Welche Rolle spielen Materialität und Körperlichkeiten?
- Was unterscheidet religiöse heterotope Räume/„dritte Räume“ oder Zwischenräume von nicht religiösen?

Programm

Workshop „Räume des Religiösen: Zwischenraum, third space oder Heterotopie“?
7./8.10.2016, Universität Erfurt
Leitung: Muriel González Athenas (Bochum) und Monika Frohnapfel-Leis (Erfurt/Mainz)

Programm

Freitag, 7.10.2016
16:00 Uhr
Begrüßung:
Muriel González Athenas (Bochum) und Monika Frohnapfel-Leis (Erfurt/Mainz)
Katharina Waldner (Erfurt): Einleitung

16:30 Uhr
Sabine Schmolinsky (Erfurt): Räumlichkeit und Geschlecht in mittelalterlichen Orden

Christiane Barth (Erfurt): „Zwischenräume“ im sacred space der Mezquita-Kathedrale von Córdoba (Arbeitstitel)

Anschließend Kaffeepause

19:00 Uhr:
Öffentlicher Abendvortrag: Kristoff Kerl (Köln/Bochum): “The money-grasping Jew, who has no use for the Christ”. Antijudaistisch-antisemitische Handlungsspielräume beim Ku Klux Klan

Anschließend gemeinsames Abendessen

Samstag, 8.10.2016:

09:00 Uhr
Babette Reicherdt (Berlin/Kassel): Monastische Klausur als Heterotopie? Raumproduktion in Nonnenkonventen des frühen 16. Jahrhunderts.

Matthias Rekow (Erfurt): „Aufruhr“ im Garten Gethsemane – Eine konfessionelle Bildpolemik zum böhmischen Ständeaufstand 1618-1623.

Anschließend Kaffeepause

11:00 Uhr:
Anna-Katharina Rieger (Erfurt): Fragmente, Linien, Netze oder was man über Räume des Religiösen im griechisch-römischen östlichen Mittelmeerraum als Heterotopien oder third spaces sagen kann

Meret Strothmann (Bochum): Im Zentrum steht die Magie. Zu religiösen Räumen der Christen in der römischen Antike

Anschließend Kaffeepause

13:00 Uhr:
Susanne Rau (Erfurt): Kommentar

Abschlussdiskussion

14:30 Uhr: Ende des Workshops

Kontakt

Monika Frohnapfel-Leis

Universität Erfurt, Lehrstuhl für Geschichte und Kulturen der Räume in der Neuzeit
Nordhäuser Str. 63, 99089 Erfurt

monika.frohnapfel-leis@uni-erfurt.de